Wie kam es zur Sozialen Praxis der Solidarität in Thessaloniki..

DIE GRÜNDUNG UND OPERATION DER SOZIALEN SOLIDARITÄTSKLINIK IN THESSALONIKI

Der erste Schritt bei der Gründung der Sozialen Solidaritätsklinik war ein Aufruf an Gesundheitspfleger, sich bereit zu erklären, an diesem Projekt teilzunehmen - und zwar auf Basis der Deklaration der ersten Versammlung der solidaren Gesundheitspfleger, die die medizinische Betreuung der 50 hungerstreikenden Migranten übernommen hatten. Nachdem wir die Teilnahme von Gesundheitspflegern aus unterschiedlichen Fachrichtungen sichergestellt hatten und es klar war, dass wir mit einer internistischen, einer pädiatrischen, einer neurologischen, einer psychiatrischen, einer zahnärtzlichen Ambulanz und einer Apotheke (in der die unversicherten Patienten ihre Medikation direkt bekommen könnten) beginnen konnten, haben wir unseren Plan durch eine Pressemitteilung und durch Radio- und Zeitunginterviews veröffentlicht und gleichzeitig begonnen, geeignete Räumlichkeiten zu finden.

Nach fünfmonatigen Bemühungen wurde uns vom "Αrbeitszentrum Thessaloniki" der gesamte erste Stock des Gebäudes überlassen, in dem auch Fortbildungsseminare des Arbeitszentrums und Unterrichte durch die Gruppe Odysseus für die MigrantInnen stattfinden (Vardari, Aiswpou 24). Diese Etage verfügt über zwei Räume für die Hauptambulanzen, einen für die Apotheke und einen weiteren großen Raum, der als Wartezimmer und Sekretatiat dienen kann und in dem noch Toiletten, eine kleine Küche und im weiteren Verlauf auch die Zahnarztpraxis eingebaut werden könnte. Nachdem ein Monat lang freiwillig gearbeitet wurde, war dieser Raum passend eingerichtet (unerwünschte Bauteile wurden entfernt, Trennwände, Wasserversorgung und Kanalisation für die zahnärtztlichen Geräte gebaut, Wände gestrichen), Ambulanzen incl. Zahnarztambulanz wurden passend ausgerüstet, die Regale in der Apotheke wurden eingebaut und eine Festnetzanschluss (2310 520386) für telefonische Termine wurde eingerichtet. Hierzu muß angemerkt werden, dass von Anfang an klargestelle wurde, a) dass in jeder Ambulanz Termine vereinbart werden müssen (nach dem Model einer regelmäßigen primären Versorgungsambulanz) und zwar vor allem nachmittags und abends, wobei die Ausstattung gewährleisten muß, dass auch dringende Notfälle behandelt werden. und b) je nach Verfügbarkeit der Ärzte und des Sekretariats und je nach Nachfrage nach Terminen die Öffnungszeiten der entsprechenden Ambulanz auch auf Vormittags- oder auch auf Wochenendtermine verlängert werden könnten. Die Termine in der internistischen Ambulanz dauern 20 Minuten, in der pädiatrischen, in der neurologischen und in der psychiatrischen 30 Minuten, in der Zahnarztambulanz 45 Minuten.

Für alle Patiente wird eine Gesundheitskarte angelegt, in der deren medizinische Vorgeschichte, allgemeine demographische und sozioökonomische Merkmale und die Ergebnisse aller Untersuchungen aufgeschrieben wird. Für die Ausstattung der Ambulanzen wurden Spenden von Mitbürgern benutzt, die sogar auf unseren ersten Aufruf reagierten, Spenden von Familien verstorbener Kollegen und unsere eigenen finanziellen Beiträge. Weiterhin haben einige Krankenhausleiter zugestimmt, uns eine Grundaustattung zu überlassen, die über viele Jahre nicht benutzt wurde. Was Medikamente betrifft, wandten wir uns an uns bekannten Apotheker, aber auch (durch öffentliche Radio- und Zeitungsinterwiews) an unsere Mitbürger und haben diese dazu ermuntert, uns Medikamente zu schenken, die sie zu Hause hatten, nicht abgelaufen waren und nicht mehr gebraucht werden (entweder weil ihre Medikation geändert wurde oder weil der entsprechende Verwandter gestorben war etc.)

Wir haben einen Aufkleber für die Apotheken der Stadt, die uns helfen wollten, entworfen, mit dem Aufdruck “Die Apotheke unterstützt die Soziale Solidaritätsklinik. Hier werden Medikamente gesammelt“. Ein Poster wurde auf Griechisch und auf acht weiteren Sprachen gedruckt und in verschiedenen Stadtteilen an die Wände geklebt. Und innerhalb nicht mal eines Monats vor der offiziellen Eröffnung (Anfang November) war die Apotheke fast komplett ausgestattet und zwar durch große Spenden an Medikamenten und Materialien der Sozialen Apotheke Kilkis und durch die erstaunlich großen Spenden unserer Mitmenschen, die all unsere Erwartungen übertraf.

Außer den Mitarbeitern im Gesundheitsbereich, die medizinische Betreuung innerhalb der Sozialen Solidaritätsklinik anbieten (inzwischen haben sich auch noch Kardiologen, HNO-Ärzte und Dermatologen alle 15 Tage engagiert, zudem auch Psychologen, Hebammen und Physiotherapeuten), nehmen jetzt auch niedergelassene Ärzte unterschiedlicher Fachrichtungen an unserem Projekt teil, die dazu zugestimmt haben, eine bestimmte Anzahl von Patienten jeden Monat kostenlos in der eigenen Praxis zu untersuchen und auch Mikrobiologen, die wichtige Laboruntersuchungen kostenlos im privaten Labor durchführen. An diese Ärzte - sowie auch an Krankenhausärzte - werden versicherungslose Patienten durch das Sekretariat der Solidaritätspraxis überwiesen, ohne sich an Empfangsbüro eines Krankenhauses wenden und dadurch den Pflichtbeitrag zahlen zu müssen.

Alle alltägliche Betriebsprobleme, sowie alles was die die Funktion der Solidaritäatspraxis, die Finanzen, die Veranstaltungen, mögliche Kooperationen mit Partnern und Unterstützung durch diese, die Verknüpfung mit anderen Projekten und Kollektiven und deren Beziehung zu Institutionen betrifft, werden in den Versammlungen der einzelnen Gruppen (internistische, zahnärztliche, psychiatrische, pädiatrische, Gruppe der Apotheke, des Sekretariats, der Krankenpfleger, der Sozialarbeiter) und in der gemeinsamen Vollversammlung besprochen, in der alle Unterstützer der Solidaritätspraxis teilnehmen können und in der Entscheidungen getroffen werden.

Ehrenamtliche Mitarbeiter haben bereits mit der Einführung der EDV der Apotheke, des Sekretariats und der Ambulanzen begonnen und wir hoffen, dass dies in kürzester Zeit vervollständigt wird, damit alltägliche, dringend auftauchende Angelegenheiten schnell und effektiv erledigt werden können. Außerdem wird die Abteilung der Sozialarbeiter weiter entwickelt, damit Patienten - die dazu berechtigt sind und davon nichts wissen - die sogenannte Sozialstaatsversicherung schnell erhalten können, denn diese erlaubt den freien Zugang zu Krankenhäusern und Gesundheitszentren des griechischen Nationalen Gesundheitssystemes.

Nach viermonatigem Betrieb sind ca. 1000 Patienten - einheimische oder MigrantInnen - in die Praxis gekommen. Über 80 medizische Arbeiter (ohne die Außenmitarbeitern) haben Betreuung angeboten und zwar in freundlichen, geschmacksvollen Räumlichkeiten.