In Bezug auf die Gründung der Sozialen Solidaritätspraxis in Thessaloniki

Wir leben in einer Zeit, in der - aufgrund der Wirtschaftskrise und der Bemühungen der Kapitalisten diese auf die Arbeiterwelt zu übertragen - Arbeitslosigkeit und Armutsquote schnell steigen, so dass tausende Menschen am Rand der Gesellschaft leben müssen.

Einerseits ( im Rahmen des Umsetzens einer restriktiven staatlichen Wirtschaftspolitik und der Kommerzialisierung der Gesundheit) werden die öffentlichen staatlichen Ausgaben im Bereich der Gesundheit und der Vorsorge dramatisch gekürzt , andrerseits zieht der Staat sich zurück und übernimmt nicht einmal die elementare Verantwortung, sich um die grundlegenden Gesundheitsbedürfnisse eines großen Teils der Staatsbürger zu kümmern. In einem jüngsten Interview des Präsidenten der Nationalen Schule für soziale Gesundheit gab dieser zu , dass 20% der Bevölkerung keinen Zugang zum Nationalen Gesundheitssystem hat, besonders nach der Einführung der finanziellen Beteiligung der Patienten. Das Recht auf kostenlose Gesundheitsversorgung wurde abgeschafft und zwar durch die Einführung der 5 €- Selbstbeteiligung für einen Termin in der Krankenhausambulanz, somit müssen versicherungslose Patienten die gesamten Kosten des Krankenhausaufenthalts und aller Laboruntersuchungen übernehmen, dadurch ergeben sich verschiedene Kosten unterschiedlicher Höhe - auch für die versicherten Patienten. Dies bedeutet für die Armen, die Arbeitslosen, die schwer und chronisch Kranken eine Vollendung der sozialen Ausgrenzung, eine rapide Verschlechterung des Gesundheitszustandes, das absolute Elend und oft einen vorzeitigen Tod.

Diese sozialen Umstände sind brutal, ungerecht und greifen die Werte einer modernen, zivilisierten Welt an.

Als Arbeiter des Gesundheitssystems waren wir dabei und haben die medizinische Betreuung von 50 Migranten- Hungerstreikenden unterstützt. Als Solidaritätshelfer bei ihrem Kampf für gleiche Arbeitsrechte mit den einheimischen Arbeitern erlebten wir die Wirksamkeit der Solidarität in einem solch kritischen Bereich des täglichen Lebens wie die Gesundheitsvorsorge. In den letzten Jahren haben wir sicherlich erlebt, wie das Recht auf qualifizierte und kostenlose Gesundheitsversorgung zuerst für die Migranten beschnitten wurde und wie dies dann allmählich auf die Einheimischen übertragen wurde. Wir sind bereit und entschlossen, dieses Recht zu verteidigen, einerseits durch unsere Teilnahme am politischen und sozialen Kampf für die Wiederherstellung eines wirklich staatlichen und kostenlosen Gesundheitssystems und andrerseits durch den Betrieb einer sozialen Solidaritätspraxis- und Solidaritätsapotheke in unserer Stadt. Es handelt sich um eine Praxis, die dauerhaft, ohne jegliche finanzielle Beteiligung der Patienten, primäre medizinische und medikamentöse Betreuung an alle versicherungslose und sozial ausgegrenzte Patienten, Griechen oder Ausländer und zwar ohne Ausnahmen anbietet, mit dem Ziel, Druck auf den Staat auszuüben, damit den Menschen kostenlose Behandlung und wenn nötig auch kostenloser Krankenhausaufenthalt und die Möglichkeit einer Rehabilitation angeboten werden.

  • Ohne die Absicht, die Rolle des Staates zu übernehmen (der sich von der Verantwortung für die Versorgung dessen Bewohners zurückzieht) und auch ohne Illusionen, daß dies machbar wäre, in vollem Bewusstsein über die Grenzen der Solidaritätsaktionen im Bereich der Gesundheitsversorgung, gleichzeitig überzeugt, daß die Verteidigung des Rechtes nicht nur leere Sprüche sondern auch Handeln verlangt.
  • In der festen Überzeugung, dass Initiativen und Solidaritätsnetzwerke für Ausgegrenzte in allen Bereichen benötigt werden, um die Menschlichkeit aufrecht zu erhalten, den Zusammenhalt der Gesellschaft zu bewahren und vor allem, um Beziehungen herzustellen, die das Gemeinschaftsgefühl wieder aufbauen und sich gegen Egoismus und die Ausnutzung der Menschen richten.
  • Voller Optimismus durch die Erfahrung mit ähnlichen Initiativen in anderen Städten Griechenlands und auch durch die persönliche Teilnahme an Solidaritätsaktionen in kleinerem Maße im Bereich der primären Gesundheitsversorgung.
  • Im Vorfeld in vollem Bewusstsein über die Schwierigkeiten der Arbeit, die wir vor uns haben (aufgrund der enormen Anforderungen, die sich entwickelt haben und aufgrund der technischen Problemen und der Prozesshindernissen im Rahmen unseres Versuchs, die steigernden Bedürfnisse für kostenlose Gesundheitspflege abzudecken).

wenden wir uns sowohl an alle sozialen und kulturellen Einrichtungen und Gewerkschaften von Thessaloniki als auch an die Gemeinderäte und fragen nach moralischer und materieller Unterstützung, damit eine Praxis, in der kostenlose medizinische und medikamentöse Betreuung bzw. allgemein primäre Gesundheitsversorgung angeboten und in Betrieb gesetzt werden kann und zwar durch Gesundheitspfleger, die die angebotene Solidarität und Kollektivität in keinem anderen Bereich des sozialen Lebens „einlösen“ wollen. Die „materielle Unterstützung“ besteht entweder aus einem einmaligen finanziellen Beitrag oder aus einer festen jährlichen finanziellen Unterstützung, damit die Miete für Räume, Nebenkosten, medizinische Geräte, Arzneimittel, Konsumartikel, Broschüren, Schreibwaren und Fixkosten (Strom, Telefon etc.) bezahlt werden können.

  • Aus persönlicher, kollektiver, sozialer Not und aufgrund der Not im Gesundheits- und im sozialen Kampfswesen
  • betonen wir, dass es enorme und tragische Defizite im Bereich der Gesundheitsversorgung der versicherungslosen und der aus dem nationalen Gesundheitssystem ausgeschlossenen Patienten gibt
  • Wir arbeiten sowohl auf Solidaritäts- als auch auf Selbstmanagementbasis.
  • Wir nehmen auf uns das Risiko für bloße Philanthropie (bzw Wohltätigkeit) und Ehrenamtlichkeit beschuldigt zu werden.
  • Die Erschaffung einer sozialen Praxis für versicherungslose Patienten wird seitens der Initiative der solidarischen Gesundheitspfleger der Stadt für dringend notwendig eingeschätzt.
  • Alle Arbeiter des Gesundheitswesens der Stadt werden eingeladen, sich an diesem Versuch zu beteiligen.

GESUNDHEITSINITIATIVE FÜR DIE ERSCHAFFUNG EINER SOZIALEN SOLIDARITÄTSPRAXIS UND APOTHEKE IN THESSALONIKI